Samstag, 17. Mai 2008

Elektroauto in Serie kommt aus Norwegen

Elektroauto in Serie (Ex-Ford-Entwickluung)

Und Mitte des Jahres auf den Markt - mit Batterie statt Benzin.



Oslo - Die Geschichte erinnert ein wenig an den Transrapid. Von deutschen Unternehmen erdacht und entwickelt, wird das Projekt im Ausland verwirklicht und kommerziell nutzbar gemacht. Die Magnetschwebebahn fährt jetzt in Schanghai, nicht in München. Man weiß also nicht so recht, ob man sich über die Aussage von Daimler-Chef Jürgen Zetsche freuen soll, der im März auf dem Genfer Autosalon stolz verkündete, sein Unternehmen habe als erstes den Durchbruch bei den für Elektroautos so unverzichtbaren Lithium-Ionen-Akkus geschafft. Hundert Meter vom Mercedes-Stand entfernt präsentierte die kleine norwegische Firma Think Global bereits mit diesen Batterien ausgestattete Fahrzeuge. Noch Mitte 2008 soll das erste in Serie produzierte Elektroauto der Welt unter dem Namen Think City auf den Markt kommen - zunächst in Skandinavien und der Schweiz sowie probeweise in London, Paris, Mailand und Amsterdam.

Kleine Fertigungshalle

Die Auto-Avantgardisten aus Oslo überholen damit General Motors, Ford und Daimler. Keiner dieser Hersteller hat bisher ein elektrisch angetriebenes Serienfahrzeug im Programm. So fährt etwa der Smart, von einigen Testautos abgesehen, immer noch mit Benzin. Think Global dürfte deshalb in diesem Jahr zum größten Elektroauto-Hersteller der Welt aufsteigen. "Wir wollen 10 000 Fahrzeuge pro Jahr produzieren", sagt Vorstandschef Jan-Olaf Willums, einst Chef von Volvo Petroleum. Das ganze geschieht in einem kleinen Werk in Aurskog, 50 Kilometer östlich von Oslo. Auf nur 8000 Quadratmetern werden dort die Autos aus 570 bereits fertig gelieferten Komponenten zusammengesetzt. Es handelt sich dabei um eine der kleinsten Fertigungshallen Europas. Bei der Planung standen den Leuten von Think Global Profis von Porsche Consulting zur Seite.

20 000 Euro soll das Modell Think City kosten. Das ist viel Geld für einen Wagen, der bei voll aufgeladenen Batterien und zurückhaltender Fahrweise lediglich 180 Kilometer weit kommt und es in der Spitze auf 100 Stundenkilometer bringt. Für das Rasen auf deutschen Autobahnen ist der kleine Zweisitzer aber ohnehin nicht ausgelegt. Er ist eher schon für jene Autofahrer gedacht, denen es auf Mobilität in einer Großstadt ankommt.



Willums ist zuversichtlich, dass das Fahrzeug trotz des relativ hohen Listenpreises seine Abnehmer finden wird. Allein aus Norwegen soll es bereits 1500 Vorbestellungen geben, 2000 weitere aus Schweden. Zu den ersten Kunden gehört laut Willums eine Schweizer Energiegesellschaft aus dem Berner Oberland, der man demnächst 200 Autos liefern werde. Mit zwei neuen Modellen, dem Fünfsitzer Think Ox und dem Cabriolet Think Open, will das norwegische Unternehmen seinen potentiellen Kundenkreis zusätzlich erweitern.

So klein und wendig wie das Fahrzeug soll nach Willums' Vorstellung auch sein Unternehmen bleiben. "Wir wollen ein moderner Betrieb sein und orientieren uns eher am Modell kleiner Unternehmen aus der Computerbranche", sagt er. Dazu gehöre auch, dass der Wagen online bestellt werden kann und dann erst zusammengebaut wird. Zusätzlich sollen die Nutzer per SMS abfragen können, wie der Ladestand ihrer Batterie ist. Wer will, kann zu dem Auto gegen eine monatliche Gebühr von 200 Euro auch gleich einen Rundum-Service fur Wartung und Versicherung kaufen.

Kaum Unterstützung

Willums ist sicher, dass das Elektroauto auf dem europäischen Markt ein Erfolg sein wird. Allerdings bremst der Unternehmer seinen Optimismus, wenn man auf Deutschland zu sprechen kommt. "Ein schwieriges Pflaster", sagt er. Anders als beispielsweise in Frankreich, wo seit dem 1. Januar Fahrzeuge mit niedrigen Emissionswerten sowie Elektroautos subventioniert werden, sind derartige Vergünstigungen hierzulande nicht in Sicht.

"Solange es keine Unterstützung von Seiten der Politik gibt, rechnet sich der Think in Deutschland kaum", gibt Willums zu. Dennoch könne man den deutschen Markt nur schwer umgehen, weshalb man auch darüber nachdenke, den Kaufpreis einfach anzuheben. Bis es aber so weit sei, wolle man zunächst andere Möglichkeiten prüfen.

Sollte der Think tatsächlich ein Erfolg werden, dürfte sich vor allem der amerikanische Autokonzern Ford ärgern. 1999 hatte er die Firma übernommen, sie dann aber 2003 wieder verkauft, weil sie nicht rentabel war. Zuvor hatte der amerikanische Konzern bereits 150 Millionen Dollar in die Technik investiert. Als Willums den Betrieb dann 2006 erwarb, musste er den Wagen praktisch nur noch zusammensetzen.

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